Das Jahr des Säntis – 03/09/2022
Ich beschleunigte meine Schritte, denn ich wollte ungern auf nassen Kalkstein viele hundert Höhenmeter in die Tiefe steigen. Die Wolken kamen näher. Man konnte genau sehen, wo es regnet und es sah nicht nach wenig aus. Der Abstieg war ein blauer alpiner Weg. Es gab wieder viele drahtseilgesicherte Stellen. Manchmal gab es auch längere Stücke ohne Seil, wo ich hinabklettern musste, was ohne Sicherung sehr viel Zeit kostete. Solche Stellen möchte ich auf gar keinen Fall im Regen erleben. Gerade verließ ich den felsigen Bereich und wechselte auf steile Almwiesen, wo der Regen mit Hagen und Gewitter über mich hereinbrach. Ich konnte schon die nächsten schützenden Almhütten sehen, aber die 20-30 Minuten waren unmöglich bei diesem Unwetter.
Mit aller Wucht hämmerte der Regen mit 5 mm großen Hagelkörnern auf mich ein. Ich war sofort komplett nass. Auf der Almwiese konnte ich nicht bleiben. An Abstieg war nicht zu denken, weil es keinen Schutz gab. Ich stieg wieder ein Stück zu den ersten Felsen hinauf, verstaute alles im Rucksack mit Raincover und hockte mich hinter eine windgeschützte Felswand. Der Hagel dauert eine halbe Stunde. Danach regnete es nur noch. Das Gewitter war laut und hell. Nach weiteren 30 Minuten nahm der Regen allmählich ab und ich konnte auf den total aufgeweichten Wegen endlich weiter absteigen. Meine Schuhe waren komplett wasserdicht, denn das einmal hineingeflossene Wasser floss nicht wieder ab. Ich stellte mich bei einer Almhütte unter und wartete bis der letzte Regen ganz aufhörte.
Der Regen stoppte und die Sonne kam wieder zum Vorschein. Ich folgte den breiten Wegen bis zum Parkplatz zurück. Ich war komplett nass. Schuhe, Jacke, Wander-T-Shirt einfach alles. Wie sollte ich das wieder bis morgen trocken bringen? Im Auto stellte ich alles in den Fußraum und aktivierte die warme Lüftung, aber so richtig viel brachte das alles nicht.
Ich hatte mich über das Wochenende auch mit Freunden am Bodensee verabredet, ohne dass wir einen konkreten Tag festgelegt hatten. Wir telefonierten kurz und ich war auf dem Weg. Auf der Nordseite des Bodensees war es warm und sonnig. Alle meine Sachen standen oder hingen in der Sonne. Alles wurde langsam trocken, außer den Schuhen, wo am Ende der Föhn etwas nachhelfen musste.
Der Säntis ist ein toller Berg und erlaubt eine grandiose Aussicht, aber der freistehende Gipfel ist auch eine wahre Wetterküche. Rundherum kann das schönste Wetter sein, aber über dem Gipfel geht ein Gewitter nieder. Mir hat sehr gefallen, dass ich am dem Gipfel Sonnenschein hatte und die wirklich tolle Fernsicht genießen konnte. Der Abstieg war eine Erfahrung für sich. Ich hatte bisher noch kein so heftiges Gewitter ohne Schutz in den Bergen erlebt. Damals beim Aperer Freiger, haben wir ja gerade noch vor dem heftigen Unwetter die schützende Lübecker Hütte erreicht.
Der Säntis ist ein anspruchsvoller Berg. Das Wetter sollte im Vorfeld und auch während der Tour genau geprüft werden. Auf nassem und rutschigem Kalkstein ist es sehr schwierig Halt zu finden. Die verschiedenen Routen brauchen unbedingt Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Der Liesengrat und auch die Himmelsleiter sind, obwohl gut gesichert, nicht ohne.
Aufstieg über Tierwies: 4,4 km / 3 h
Abstieg über Potersalp: 9,3 km / 3,5 h (Regenpause rausgerechnet)
Pixie ist mit seinen Freunden den Berg auf Käseleibern herunter geschlittert. Er hat auch ein Murmeltier als Bergführer zum Freund gewonnen. Murmeltiere gab es bestimmt, aber die haben sich gut vor mir und dem Gewitter versteckt. Dafür gab’s eine Gämsefamilie.