Guffert (2195 m) - 12/05/2015
Bei Wanderungen im Mangfallgebirge fällt der Blick immer wieder auf einen einzelnen hochaufragender Kalkstock – den Guffert. Die Besteigung des Guffert ist eine anspruchsvolle Bergwanderung mit ca. 1300 Hm in 2,5 h und mit Kletterstellen im ersten Schwierigkeitsgrad im Gipfelbereich.
Schon seit mehrere Jahren habe ich mir vorgenommen diesen Berg zu besteigen, aber entweder das Wetter hat nicht gepasst oder die Zeit für die anderthalbstündige Anreise war einfach zu knapp. Doch dieses Jahr nach den ersten warmen Tagen im Mai und am Ende der Schneeschmelze in den tiefen Lagen war es soweit. Meine Anreise erfolgte über Tegernsee, um dann kurz vor dem Achensee nach Steinberg am Rofan weiterzufahren.
Steinberg am Rofan liegt in einem herrlichen Tal umgeben von hohen Bergen. Vom Parkplatz mitten im Ort, wo ich fast der Einzige war, führte zunächst ein steiler Weg durch lichten Wald hinauf. Doch bereits nach kurzer Zeit verließ ich den schattenspendenden Wald und setzte den Weg durch Krüppelkiefern fort. Obwohl an dem Tag nur 25 °C erwartet wurden, stand die Luft zwischen den niedrigen Bäumen und die Sonne brannte auf der Südseite herunter. An vielen Stellen war der Weg so steil, dass ich nur unter Zuhilfenahme der Hände bequem über die Steine und Wurzeln kam.
Nach der Querung eines größeren Schuttfeldes führt der Weg unterhalb eines Felskopferls hinauf bis zum Abzweig zur Schmiedtquelle. Ab hier gab es auch die ersten Schneefelder, weshalb ich die Quelle auch nicht gefunden habe. Etwas später kam der Abzweig zum Guffertaufstieg (nach 1h 45 min vom Parkplatz). Der Weg führte jetzt über immer größer werdende Schneefelder weiter steil hinauf. Die farbigen Markierungen waren immer an den Steinen angebracht, die schon aus dem Schnee herausschauten. Glücklicherweise gab es schon festgetretene Fußspuren von anderen Wanderern, die mir den Aufstieg durch den Schnee deutlich erleichterten. Im Gipfelbereich gab es einen schmalen Grat, der in mehrere leichten Absätzen erkraxelt werden musste. Eine Stelle war mit einem Seil gesichert. Nach 2,5 Stunden stand ich auf den Gipfel und wurde durch einen atemberaubenden Blick belohnt.
Der Abstieg bis zum vorherigen Abzweig war in wenigen Minuten erledigt, denn sobald der Kraxelabschnitt im Gipfelbereich hinter mir lag, konnte ich über die langen Schneefelder förmlich nach unten „surfen“. Da ich nicht den gleichen Weg zurückgehen wollte, habe ich die Route über den Guffertstein und Luxegg gewählt. Der Weg war am Anfang noch gut markiert und es führten auch Fußspuren durch den Schnee. Nach den beiden Gipfeln habe ich unter all dem Schnee aber scheinbar den richtigen Abzweig nach Steinberg verpasst. Ich folgte zunächst immer weiter den farbigen Markierungen, aber der Weg führte mich auf einem schmalen Bergrücken immer weiter vom Dorf weg und bergab. Immer öfter war der Weg zwischen Schnee und Krüppelkiefern nur noch schwer auszumachen. Markierungen gab es nur noch selten. Wanderwegweiser gab es gar keine mehr.
Im Tal unter mir sah ich eine Forststraße. Ich entschied mich durch die dichten Krüppelkiefern den Berghang hinabzusteigen. Ich suchte mir eine Rinne, wo ich teilweise unter den Kiefern durchkriechen konnte oder drüber klettern konnte. Meine einzige Sorge war, dass ich irgendwann an eine Stelle komme, wo plötzlich ein hoher senkrechter Absatz vor mir auftaucht, denn ich nicht überwinden kann. Bald hatte ich die Krüppelkiefern hinter mir gelassen und überquerte im lichten Wald kleinere Wiesen. Ich erreichte die Forststraße genau in einer Kurve. An beiden Seiten führte die Straße nach oben. Wo lang jetzt? Weiter unten sah ich eine weitere asphaltierte Straße, so dass ich mich entschied einfach weiter abzusteigen. Ich folgte einem ausgetrockneten Flussbett und kam gut voran, bis ich plötzlich an der befürchteten senkrechten Abbruchkante stand, wo, wäre der Bach nicht ausgetrocknet gewesen, ein Wasserfall in die Tiefe stürzen würde. Was nun? Links und rechts von mir führten steile Wände nach oben. Blieb also nur der Weg zurück?
Ich drehte mich herum und sah an der Felswand mit roter Farbe total verwaschen und teilweise schon überwuchert geschrieben „Steinberg“. Darunter war ein Pfeil gemalt, der auf der rechten Seite auf einen schmalen Weg bergauf verwies. Was für ein Glück! Scheinbar war ich nicht der erste, der hier gelandet/gestrandet war. Ich folge dem schmalen Weg lange durch den Wald. Nach über einer Stunde erreichte ich den Ortsrand von Steinberg. Obwohl meine Arme und Beine total zerkratzt waren, war ich überglücklich diesen unkonventionellen Abstieg hinter mich gebracht zu haben.